„Der Nahe Osten braucht einen Marshall-Plan wie Deutschland 1948“

Veröffentlicht am 22.11.2011 in Pressemitteilungen

– Bemühungen für einen atomfreien Nahen Osten -
SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemaliger Staatsekretär im Außenministerium Gernot Erler sprach in Maulburg über "Arabische Erhebung und Europäische Verantwortung".
"Die westliche Welt muss sich nach der arabischen Revolution auf eine völlig neue politische Situation einstellen", erklärte Gernot Erler MdB bei seinem Vortrag in Maulburg.

Erler war auf Einladung der SPD-Ortsvereine Maulburg, Zell, Schopfheim, Steinen und Minseln in das Foyer der Alemannenhalle gekommen und vermittelte "präzise und packende Einblicke" in die Entwicklung im Nahen Osten und Nordafrika, wie SPD-Kreisvorsitzender Klaus Eberhardt, der die Fragerunde moderierte, betonte.

Gernot Erler hatte seinen Vortrag in drei Teile eingeteilt. Unter dem Titel "Umsturz in Rekordzeit" ging er zuerst auf die Entwicklungen in Tunesien und Ägypten ein, durch die in kürzester Zeit, ohne maßgebliche Einflussnahme von außen, alte Regime gestürzt worden waren. "Protest und Gewalt" waren die Ausführungen über Libyen und Syrien überschrieben. Während die Staatengemeinschaft in Libyen unter Berufung auf die Schutzverpflichtung (Responsibility to Protect) für die Zivilbevölkerung eingegriffen habe, gebe es in Syrien keine vergleichbare Situation. Gernot Erler ließ keinen Zweifel daran, dass eine Einigung im Sicherheitsrat wie im Falle Libyen auf geraume Zeit nicht mehr erwartet werden kann. "Das Ziel des Schutzes der Zivilbevölkerung ist auf den Sturz Gaddafis hin erweitert worden", führte er aus. Dadurch fühlten sich die Vetomächte Russland und China getäuscht und würden einer vergleichbaren Regelung nicht mehr zustimmen, so Gernot Erler.

Im dritten Abschnitt ging der Bundestagsabgeordnete auf den Einfluss terroristischer Gruppen in den Umbruchländern ein und führte aus, dass mit den Regimewechseln diesen Gruppen die meisten Argumente für ihre Propaganda entzogen seien. Aber ein brennendes Problem sei nach wie vor nicht gelöst und berge weiteren Zündstoff: das ist die Haltung der arabischen Staaten zu Israel und ihr Verhältnis zur Palästinenserfrage. "Wir alle haben ein extremes Interesse, dass die Erhebungen in der arabischen Welt Erfolg haben", so Gernot Erler, "aber dazu ist eine umfassende Hilfe für die neuen Regierungen notwendig." Gerade Europa müsse für diese Länder ihre Märkte öffnen und auch bereit sein, Kontingente für Arbeitsplätze und Studienplätze für Menschen aus den arabischen Staaten zu schaffen. "Beratungshilfe, wie von der Bundesregierung bevorzugt, hilft hier gar nichts", betonte Gernot Erler, "wir brauchen etwas wie einen Marshall-Plan Nahost." Entscheidend sei weiter, dass es zu einer Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses kommt. "Die Chancen für Veränderungen im Nahen Osten sind gut", hieß es im Fazit, "aber ohne Wiederaufnahme der Friedensgespräche kann es zu negativen Überraschungen im Transformationsprozess kommen."

Nach dem Vortrag gab es eine sehr interessante und lebhafte Fragerunde, die sich besonders auf die Frage des Verhältnisses zwischen Israel, den Palästinensern und dem Iran bezog. "Auch Israel wird umdenken müssen", lautete ein Fazit des Bundestagsabgeordneten. Der Iran ist kurz vor der Atombombe und Israel hat sie – zwar nicht offiziell. Die Kräfte könnten sich in den kommenden Jahren gewaltig verschieben. Saudi-Arabien, bisher als Hauptmacht im Nahen Osten, könnte nach der Atommacht Iran an Einfluss einbüßen. Eine atomare Aufrüstungsrunde im Nahen Osten wäre die Folge. Seit 2003 ist die EU bemüht ein Moratorium „Atomwaffenfreier Naher Osten“ zu forcieren.
Christian Leszkowski, SPD Fraktionssprecher in Maulburg, bedankte sich bei Erler im Namen der Ortsvereine mit einem kleinen Geschenkkorb. Maulburgs SPD-Urgestein Frieder Dreher überraschte den Bundestagsabgeordneten mit Hochprozentigem aus Maulburg und dem eigens kreierte Gedicht "Schnaps vom roten Frieder".

 

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